Der alte, gedrungene Wehrturm – romanischen Stils – stand ursprünglich allein auf „weiter Flur“.
Es ist anzunehmen, dass er im ausgehenden 13.Jahrhundert gebaut wurde. Die untere Turmstube war als kleine Kapelle hergerichtet. Die Eingangstür zu diesem Andachtsraum, die nach dem Anbau eines Kirchenschiffes zugemauert wurde, ist noch heute in ihren Umrissen zu erkennen. An den beiden Seitenwänden befinden sich kleine Kammern, die die Hl. Gerätschaften bargen. Die Turmstube selbst hatte und hat bis heute keine Verbindung mit dem übrigen Turm. In einer Höhe von ca. 4m war im Wehrturm eine Tür angebracht. Nur durch sie war das innere des Turms zu erreichen. Es wird vermutet, dass sich bei aufkommender Gefahr die Dorfbewohner in den Turm retteten. In ihm war eine Glocke aufgehängt, die die kleine Gemeinde zum Gottesdienst rief, mit der aber auch „Sturm“ geläutet werden Konnte.

Diese Glocke gilt (gemäß Glockenatlas) als die älteste Glocke Deutschlands, die den Namen des Gießers trägt.

Folgende Inschrift befindet sich auf ihr: MAGISTER CONRADUS DE WORMATIA FECIT- MARIA VOCOR-
Magister Konrad von Worms schuf mich – Maria werde ich gerufen-

Schon sehr bald muss ein Kirchenschiff an den Wehrturm angebaut worden sein. Auf einer alten Sandsteinplatte, die noch unter der jetzigen Schieferdeckplatte liegt, waren drei Jahreszahlen eingeschlagen.

Aus diesen drei Jahreszahlen geht hervor, dass 3 Gotteshäuser im Laufe der Jahrhunderte an den Turm angebaut wurden. Bei Ausgrabungsarbeiten konnte hierfür der Beweis erbracht werden.

Als im Jahr 1966 ein neuer Gemeindesaal an das alte Pfarrhaus angebaut werden sollte, für den eine Warmluftheizung vorgesehen war, die auch noch die Kirche zu bedienen hatte, fand man bei den Aushebungsarbeiten ein großes Pestgrab. Die Gebeine der Verstorbenen waren aufeinandergeschichtet bis zu eine Tiefe von 2 – 2 ½ m. Es muss angemerkt werden, dass noch bis in das 20. Jahrhundert hinein die Verstorbenen auf dem Gottesacker, der sich um die Kirche herum zog, beerdigt wurden.

Wie aus alten, mündlichen Überlieferungen bekannt ist, muss die Pest so furchtbar in Raversbeuren gewütet haben, dass der größte Teil der Dorfbevölkerung der Seuche zum Opfer fiel. Wir wissen nicht mehr, wie sich im laufe der Jahre die leerstehenden Häuser wieder füllten. Eins aber gab und gibt immer wieder zu denken. Man sprach in den umliegenden Ortschaften über die Raversbeurener als „Lateiner“. (Über den Namen wurde viel gerätselt, auch manche Erklärung versucht, die nicht befriedigen konnte.) Es gibt m.E. nur eine Antwort, die zutrifft. Die damaligen Neuzugezogenen kamen aus einer Gegend, die weit entfernt von Mosel, Hunsrück und Rhein lag. Von dem Kirchenmaler Engisch, der viel Kirchen an Mosel und Hunsrück ausgemalt hat, wissen wir, dass seine Vorfahren aus Graubünden kamen und in Kirn sesshaft wurden. Es waren Ladiner oder Walser. Es kann angenommen werden, dass auch Neuankömmlinge damals in Raversbeuren Walser oder Ladiner waren. Die Namen Schell und Jost deuten darauf hin. Aus den Ladineren wurden im Laufe der Jahre dann die Lateiner.
Doch zurück zu unseren Kirchenbauten. Um die warme Luft aus der Heizung des Saales in die Kirche führen zu können, musste ein Graben ausgehoben werden. Schon sehr bald erreichten die Ausschachtungsarbeiten eine dicke Wand aus Naturstein in einer Tiefe von ca einem halben Meter. Die Mauer, die nicht gut gearbeitet war, blieb unberührt. Auf der Rückseite wurde weiter gegraben und ein Durchbruch zur Kirche geschaffen, der bis in das Kirchenschiff hineinführte. Dabei wurde, wie eine anliegende Zeichnung deutlich macht, ein zweiter Altar unter dem jetzigen entdeckt, der zu dem Kirchenschiff aus dem Jahre 1501 gehört haben muss. Da zwei größere Luftschächte für die Heizung notwendig wurden, musste weiter gegraben werden. Dabei kam der Chorraum eines noch älteren Kirchenschiffs zum Vorschein. Die freigelegten Wände waren im römischen Verbund gemauert, eine gekonnte Arbeit. Auch der alte Fußboden wurde teilweise sichtbar. Er war gut erhalten, ein Traßkalkboden, wobei an eine Art Treppe Reste einer Rötelzeichnung zu erkennen waren. Damit war das Gotteshaus aus dem Jahre 1309 gefunden.